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Writer's pictureHorst Schauer

Der lange Weg zur Adaption

Updated: Apr 27, 2023



Start in Kairo


Ägypten, dieser Jahrtausende alte Pharaonenstaat ist für uns Neuland. Kultur, Sprache, Verkehr, Menschen und Landschaft erfordern einen ziemlichen Adaptionsaufwand, nicht nur um die Umgangstechniken zu lernen.


Zuerst aber ein Besuch im ägyptischen Museum, wo wir 5000 Jahre nationale Geschichte (ca 5000bc- kurz nach Christi Geburt) bestaunen. Die Exponate haben uns tief beeindruckt und wir haben uns noch lange darüber ausgetauscht. Eine solch lange Geschichte auf einen Ort komprimiert lässt uns überwältigt zurück. Die Masse der Exponate, ihre Grösse und die Finesse der technischen Ausführungen lassen uns staunen.


Wir bleiben zwei Nächte in Kairo um uns zu Akklimatisieren und logistische Details zu erledigen, wie die Anmietung eines Leihwagens.


Alexandria, das Nildelta und Komplikationen

Anschliessend geht es nach Alexandria um dort die Bibliothek zu besuchen und uns an der Mittelmeerpromenade warm zu laufen. Wir hatten frühlingshafte Temperaturen erwartet, froren uns aber ziemlich durch.

Nordwestlich von Alexandria fliesst der Rosetta Nilarm bei Rachid ins Meer. Dort sind wir losgelaufen. Die ersten beiden Tage haben wir je 30 Kilometer zurück gelegt, und haben langsam unseren Rhythmus gefunden, da fährt ein Fahrzeug mit hohem Tempo in unser vor einem Cafè parkende Auto. Es war 23 Uhr abends, und wir sahen gerade PSG gegen Bayern München.


Der Fahrer und sein Fahrzeug verschwanden so schnell wie sie gekommen waren und liessen uns mit einem Totalschaden zurück. Ein notwendiges polizeiliches Protokoll über diesen Vorfall zu bekommen erwies sich als schwieriger als gedacht. Dennoch verliessen wir um 4 Uhr morgens die Polizeistation mit dem Dokument; Al hamdul illah.


Wir mussten aber zurück in das 200 Kilometer entfernte Kairo, um ein neues Auto in Empfang zu nehmen. Dort haben wir uns in das Boutique Hotel Kemet einquartiert und uns mit dem Besitzer Hani Elgabry über das Land, und seine persönlichen Empfindungen darüber, unterhalten. Kemet oder Km.t ist eine alte Bezeichnung für Ägypten und bedeutet schwarzes Land und meint die dunkle Erde im Nildelta, im Gegensatz zu deshret oder dsrt, dass das rote Land der Wüste bezeichnet. Hani wird in einem eigenen Blogbeitrag berichten. Im Hotel finden wir auch Ruhe um die Eindrücke der ersten Woche zu verarbeiten.

Laufen im Verkehr mit schlammigen Füssen


Der Verkehr ist chaotisch, und grundsätzliche Regeln werden selten angewandt. Mit dem Auto kann man aber schnell die Fahrmentalität und die wahrscheinlichen Verhalten erahnen. So sind wir bisher, bis auf den Parkunfall, gut und unfallfrei gefahren und bewegen uns schon sicher durch Kairo und das Nildelta. Anders verhält es sich beim Laufen.


Abgesehen vom Schlamm, der uns auf unseren Wegen entlang des Nils immer begleitet, müssen wir immer auf den entgegenkommenden und vor allem hinter uns befindlichen Verkehr achten. Wir weichen im Minutentakt aus und landen immer wieder auf seifigem Untergrund mit Mühe uns auszubalancieren. Ausgewichen wird nur anderen Autos, Bussen, Pferdekarren und Arpen, die hier in grosser Zahl vertreten sind. Ständig wird gehupt, was uns aber hilft von hinten kommende Gefahren zu erkennen. Die ständige Interaktion mit dem Verkehr und den Menschen, die uns auch beim Laufen ihre persönlichen Schicksale mitteilen wollen fordert uns weit mehr als gedacht.


Abends sind wir sehr müde; können aber nicht gleich schlafen. Dieses Schlafdefizit setzt uns zu.


Kommunikation ist alles und nichts


Sieht man von der Überkommunikation ab, sind die Menschen hier sehr freundlich. ¨Welcome to Egypt¨ hört man hier von Morgens bis Abends. Anscheinend gehen wir nicht als Ägypter durch.


Frisches Obst und Gemüse gibt es überall, und die besuchten Restaurants waren in ihrer Qualität zufrieden stellend. Die hiesige Küche ist aber nicht unser Reisezweck. Wir kommunizieren mit Kellnern, Hotelpersonal, Autovermietung, Mobilfunkanbietern, Verkäufern, Studenten, Bibliotheksbesuchern, Bauern, Hirten und immer wieder gerne mit der Polizei. Läufer treffen wir wenige, aber Menschen entlang der Strasse, die Sport treiben oder sich für Sport interessieren. Dabei spielt Fussball die grösste Rolle und zu jeder Tageszeit wird auf grossen Bildschirmen in Cafés, Lokalen und Geschäften ein Spiel übertragen.


Was wir treiben wird staunend zur Kenntnis genommen, aber immer mit einem Gesichtsausdruck: Warum? Sind die Gescheit? Können die gefährlich werden?


Dass es sich um Kommunikation im umfassendsten und objektivsten Sinne handeln soll verstehen die Wenigsten. Mit denen, die es aber verstehen haben wir ausgiebige Gespräche.

Das Verstehen scheitert nicht an der Sprache, sondern am Denken und der Kommunikationsebene. Die Lösung von Aufgabenstellungen werden in Ägypten methodisch, emotional und im Sozialkontext vollkommen anders angegangen, als bei uns im Rheinland, und übrigens auch wie im ebenfalls arabisch sprachigen Tunesien.

Kommunikation ist unwahrscheinlich (Niklas Luhmann).

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